Contentklau?

Mir wurde in einem (von mir gelöschten) Kommentar vorgeworfen, ich hätte einen Artikel plagiiert, und das Plagiat sei offensichtlich kein Einzelfall. Der Kommentator benutzte allerdings erheblich drastischere Formulierungen, die ich mir nicht bieten lasse.
Das nehme ich zum Anlass, meine Haltung zu diesem heiklen Thema darzulegen.

Ein weiterer Anlass ist dieser Beitrag von der "Blogbar":Mashup-Blogs: Wir klauen uns die Welt, wie sie uns gefällt und dieser, sehr viel mehr ins Detail gehende, in der "Medienlese": Wer plagiiert, ist doch nur doof.

Im konkreten Fall bin ich mir keiner juristischen Schuld bewusst. Es stimmt allerdings, dass ich den Artikel, den ich plagiiert haben soll, kannte. Und beide Artikel handeln von dem selben Thema, was gewisse Ähnlichkeiten unvermeidlich macht. Allerdings hat mein Artikel einen anderen Schwerpunkt, ist länger und übernimmt keine Formulierungen des "Vorbildes".

Allerdings: Dieser Vorwurf hat mich ins Grübeln darüber gebracht, wo dann der "Contentklau" eigentlich anfängt. Vor allem aber, ob der Anteil meiner "schöpferischen Eigenleistung" immer hoch genug ist.

Ich gehe nicht so weit, mein "Senfblog", dass ich in erster Linie als persönliches Kommentarblog betrachte, zu den vom Don leicht angeekelt so genannten "Mashup-Blogs" zu zählen. Allerdings muss ich selbstkritisch einräumen, dass ich ziemlich oft ziemlich eifrig fremde Inhalte zitiere bzw. paraphrasiere - mich also zu wenig um "Eigenleistung" kümmere, und vielleicht zu viele Inhalte aus Mainstream-Medien und anderen Blogs übernehmen. Nachträglicher Einschub: ein ach so toll 2.0-iges Mashup-Blog ist nichts anderes als eine Fremdcontent-Collage, typischerweise mit minimalem oder völlig fehlendem Kommentar. Kann man machen, wenn es einem Spaß bringt. Braucht aber meines Erachtens kein Mensch, weil jedes "News-Portal" mehr bietet. Dann schon lieber Katzenbilder und Urlaubsberichte, wenn einem als Blogger partout nichts einfällt.

Dons Reaktion auf die Abmahn-Welle gegen Blogger, die Brötchenbilder und ähnlich banales "übernommen" haben sollen, ist bekanntlich: "Selber machen" - d. h. auf einem Blog sollten nur selbst gemachte Fotos stehen, denn nur bei Fotos, deren Rechte man selbst innehat, kann man vor Abmahnungen sicher sein. Zwar klingt das ziemlich arrogant, aber so ganz falsch liegt der Don nicht.
Und ich muss einräumen, dass ich manchmal ganz schön leichtsinnig war, wenn es um unter "CC"-stehende Bildinhalte geht.

Es ist zwar unmöglich, eine CC-Lizenz auf deutsches Urheberrecht zu übertragen, aber ich sehe sie ohnehin eher als Vertrag, mit dem Nutzungsrechte vergeben werden. Also in meinem Falle "share alike, not commercial": Weiterveröffentlichung für nichtkommerzielle Zwecke frei. Quellenangabe oder Verlinkung erbeten. Wobei ich die kommerzielle Weiterveröffentlichung nicht grundsätzlich verbiete - ich möchte nur vorher gefragt werden und eventuell Tantiemen für die Nutzung sehen.
Allerdings: sollte ich sterben, kann ich nicht dafür garantieren, dass meine Erben das genau so sehen. Ich kann nur nach bestem Wissen und Gewissen versichern, dass keiner meiner potenziellen Erben so übel drauf ist, dass er serienweise Blogger abmahnen lassen würde.
Ich finde übrigens, dass "freie" Bilddatenbanken gar keine schlechte Idee sind, auch um "Brötchenbildabmahnern" das Geschäftsmodell zu verderben. In dieser Hinsicht geben ich dem Don also nicht recht.

Was also tun? Als "Contentdieb" im Sinne von "Plagiator" sehe ich mich nicht. Deshalb war ich auf den Kommentator auch so sauer.

Aber als jemand, dessen Eigenleistung sich vielleicht zu oft auf das bei Journalisten so beliebte "anverwandeln" eines Textes beschränkt ist. Dessen Artikel zu oft aus viel zitiertem Text und wenig Eigenleistung bestehen.

Denn es wäre wirklich schade, wenn Blogs im Schnitt genau so unkreativ, unoriginell und beliebig wären, wie z. B. das Programm eines Dudelfunksenders. Mashup-Blogs, die noch nicht einmal die zusammengesammelten Inhalte und Links anständig kommentieren, braucht die Welt nicht. Sie braucht Blogger, die kreativ, kritisch, ehrlich und mutig sind.
Da hat der Don ganz recht.
Köppnick - 16. Mär, 08:44

Letztendlich muss jeder für sich selbst eine Antwort finden, warum er Texte, Bilder, multimediale Inhalte und Links für andere sichtbar im Internet veröffentlicht. Ehrlich gesagt, finde ich schon das Wort "bloggen" abstoßend, nicht nur weil es ein Anglizismus ist, sondern vor allem weil es das einzig Gemeinsame, nämlich, dass alle ein und dasselbe Medium benutzen und bestimmten Organisationstrukturen der verwendeten Software unterworfen sind, zu einem inhaltlichen Kriterium macht. Dabei sind die Inhalte sehr verschieden.

Ich habe eine kurze Zeit versucht, die verschiedenen Lizenzmodelle, die für freie Software existieren, voneinander zu unterscheiden. Es ist mir nicht sonderlich gut gelungen. wahrscheinlich braucht man dafür einen Abschluss einer juristischen Fakultät.

Solange ich damit nicht böse auf die Schn.... falle, handle ich nach dem gesunden Menschenverstand. Ich kennzeichne Zitate als selbige, verlinke zu dem Original, dass ich gefunden habe. Nur bei Bildern, die ich mehrfach im Netz gefunden habe, klemme ich mir das manchmal.

Was Plagiate betrifft: Wenn man versucht, etwas Eigenes zu schaffen, gibt es gegenläufige Prozesse. Auf der einen Seite ist es unvermeidlich, dass verschiedene Menschen, die über die gleiche Sache nachdenken und schreiben, zu ähnlichen Resultaten kommen müssen. Auf der anderen Seite wird jeder, der versucht selbst zu formulieren, einen eigenen unverwechselbaren Stil zu entwickeln. Ich würde also auch hier, mit dem Plagiatsvorwurf konfrontiert, zuerst meinen eigenen Verstand bemühen, ob für den Vorwurf Grund besteht oder nicht. Beim Schreiben für den privaten Ver- oder Gebrauch liegt die Lässlichkeitsgrenze wahrscheinlich immer höher als die der Strafbewehrtheit.

Chat Atkins (Gast) - 17. Mär, 07:47

Wenn du tatsächlich nur das gleiche Thema behandelt hast, aber mit anderem Schwerpunkt und anderen Formulierungen, dann kann es sich niemals um ein Plagiat handeln. Zum Vergleich: Nur weil Brecht eine 'Heilige Johanna der Schlachthöfe' geschrieben hat, hat er noch lange nicht Schiller plagiiert.

MMarheinecke - 17. Mär, 08:59

Die Frage nach dem "Plagiat" im juristischen Sinne stellt sich gar nicht

Was für mich ja auch einer der beiden Gründe gewesen ist, den Kommentat zu löschen. (Neben der agressiven Wortwahl.)

Die Frage nach dem "Contentklau" im Sinne von "Kleptokreativität" - "Ideenklau" ist leider nicht ganz so leicht zu beanworten - und Brecht hat als Autor geklaut wie ein Rabe.
Chat Atkins (Gast) - 17. Mär, 09:16

Man kann's auch freundlich ausdrücken - und sagen: Brecht stand auf den Schultern von Riesen.
Bodecea - 17. Mär, 09:30

Mh...

Ab und zu kommt es mir vor, als ob manche Leute durch Blogs surfen und hier und da mal ein "finde ich alles prinzipiell doof, was du machst" drunterhauen.

Ist mir selbst bisher nur einmal untergekommen ("finde ich alles doof, was du über Runen schreibst"), habe ich anderweitig aber schon oft gesehen.

Und ich kenne durchaus Blogs, die beispielsweise satirisch das kommentieren, was gerade in der Luft liegt und mir - trotzdem? - gefallen.

Die Frage ist ja nicht nur, worüber man schreibt, sondern auch - was. Und ich lese hier gerne mit.

Bodecea

MMarheinecke - 17. Mär, 09:42

Ich hatte nicht den Eindruck, es mit einem "Berufsmeckerer", "Kommentarspammer" oder "Troll" zu tun zu haben.

Eher tippe ich auf jemanden, der meint, ich hätte bei ihm abgeschrieben und der deshalb kollerkommuniziert. Ich habe als Blogger schon weitaus Schlimmeres erlebt.
WirrLicht (Gast) - 17. Mär, 10:39

meinen content darf gerne jeder klauen. so wichtig ist mir das nicht, das das ganze in meinem gehirn vor sich hingegoren ist. aber ich finde es im allgemeinen sinnfrei, texte, deren inhalt anderweitig zu finden ist, sozusagen als kopie auf meinem misthaufen zu lagern - da kann ich auch einfach einen link setzen. dafür sind links ja schliesslich da.

und "creative commons" inhalte verwende ich eigeltlich auch nur in abgeänderter form - das original darf wikipedia gerne behalten.

beknackt finde ich, das man sich wegen jedem kopierten content sorgen machen muss, ob nicht irgendein irrer einen anwalt bezahlt, um eine schwachsinnige abmahnung zu veranlassen. und wenn man nur "gnarf!" schreibt, es könnte ja sein, das irgendwer das (c) auf dieses wort besitzt

Björn (Gast) - 19. Mär, 09:27

Ich finde übrigens, dass "freie" Bilddatenbanken gar keine schlechte Idee sind, auch um "Brötchenbildabmahnern" das Geschäftsmodell zu verderben. In dieser Hinsicht geben ich dem Don also nicht recht.

Fehlschlag. Das wird nur funktionieren wenn irgendwer jedes Bild darauf prüft, ob es tatsächlich gemeinfrei wäre. Sonst könnte ein böser Websitebetreiber oder ein ahnungsloser User aus Versehen doch so ein Brötchenphoto hochladen, du übernimmst es dann aus der Datenbank und bekommst trotzdem die Abmahnung ins Haus. Auch im Abmahnrecht schützt ja Unwissenheit vor Strafe nicht.

Ein "Fair Use"-System wie es die Amerikaner haben, sollte in Deutschland Fuß fassen. Das Problem dabei ist natürlich, dass sowas einfach keine Lobby hat.

MMarheinecke - 19. Mär, 10:04

Kein Fehlschlag wenn ...

... in diese Datenbank ausschließlich Fotos, die die Urheber selbst gemacht haben, aufgenommen werden. (Model Pixelio.) Allerdings bin ich mir darüber im Klaren, dass ich, wenn ich Fotos aus so einer Bilddatenbank verwende, "auf eigenes Risiko" handele - d. H. Vorsicht ist geboten. (Vor allem bei Fotos zum "aktuellen Zeitgeschehen".) Ähnlich ist die Sachlage, wenn ich z. B. Fotos aus einem "Ipernity"-Account übernehme (wenn die Nutzerbindungen das erlauben.)

Ich denke nicht, dass das "Fair Use"-System bei uns keine Fürsprecher hätte - in den Zeitungsredaktionen ist man nicht selten neidisch auf die unbürokratischen Regelungen in den Staaten.
Selbst für Photographen ist dieses System keineswegs nachteilig, wie der Vergleich mit den USA zeigt. Nachteilig könnte es allenfalls für die Bildagenturen sein. Das Problem ist "nur", dass die Politik einiger großer europäischer Medienunternehmen dem entgegensteht: Verwertungsrechte sieht man dort offensichtlich als eine Art verzinsliches Wertpapier, was nur selten im Sinne des eigentlichen "Schöpfers" ist (z. B. bringt die Verwertung der "Tigerente" für den Zeichner Janosch nichts ein).

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