Ein "Schubladenroman", den ich nicht fertig schreiben werde

Ich schreibe - wenn auch zugegebenermaßen eher nebenbei und sporadisch - zur Zeit an zwei Romanen.

Wie es bei (Amateur-)Schriftstellern nicht unüblich ist, gibt es daneben ein paar "Schubladenromane" und eine ganze Reihe unfertiger "Schubladenromanprojekte".

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ich die Romane irgendwann einmal hervorholen und überarbeiten, oder die angefangenen Projekte zu Ende schreiben werde.
Bei einem ziemlich fortgeschrittenen Projekt ist das allerdings so gut wie ausgeschlossen.

Es ist der Kriminalroman "Sonnenwende", der etwa zur Hälfte fertig ist, und von dem ich sogar die Anfangskapitel an "Testleser" gab.

Im Herbst 2009 wurde einfach während des Schreibens von den Ereignissen überrollt.

Es geht in "Sonnenwende" um einen (fast) perfekten Mord an einem Neonazi. Während einer Feier erleidet er einen Schlaganfall, an dem er wenig später stirbt. Es ist aber kein spontaner Schlaganfall, sondern ein raffinierter Giftmord - ich habe lange recherchiert, um eine Methode zu finden, mit dem sich ein Schlaganfall hervorrufen lässt, die ohne eine aufwendige biochemische Analyse nicht entdeckt werden kann. Die findet in meinem Krimi nur deshalb statt, weil ein Helfershelfer des Mörders - ebenfalls Neonazis - sich im Vollsuff verplauderte, womit ein Verdacht gegeben war.

Das Mordopfer legte ich sehr eng an den bekannten "Rechtsaußenanwalt" und Multifunktionär Jürgen Rieger an. Nun - Jürgen Rieger starb wirklich, an einem Schlaganfall, und unter Umständen, die meinem Krimi sehr ähnlich waren.
Damit war nicht nur "Rassen-Rieger", sondern auch der Plott gestorben. Wäre mein Krimi irgendwann veröffentlicht worden, hätte er unter den Verschwörungstheorien erfahrungsgemäß zugeneigten Neonazis sicherlich allerlei Spekulationen ausgelöst. Schlimmer noch ist die Möglichkeit, dass jemand die von mir erfundene Mordmethode, da sie ja beim Schlaganfall Riegers "perfekt funktioniert" hätte, wirklich ausprobieren wurde. Auch wenn ich nicht annehme, dass sie funktionieren würde - sicher bin ich mir nicht.
Am Schlimmsten wäre natürlich die Möglichkeit, dass ich mich selbst in Mordverdacht gebracht hätte. Unwahrscheinlich - aber es haben sich schon ganz andere in "Anfangsverdacht" gebracht.

Allerdings - mir gefällt "Sonnenwende" so gut, dass ich das halbfertige Manuskript in irgend einer Form "ausschlachten" werde.
henteaser (Gast) - 24. Feb, 22:03

Tendiert die Grundidee zum Whodunnit oder zur Milieustudie? Im zweiten Fall brauchst du den Typen eigentlich nur auf offener Straße von Zuhältern totschießen zu lassen usw.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13488222.html

MMarheinecke - 25. Feb, 07:49

Ich wollte beides Unterbringen

Etwa im Sinne der Polit-Krimis der "schwedischen Schule" (Maj Sjöwall & Per Wahlöö, Henning Mankell, mit Einschränkungen auch Håkan Nesser). Einen "Soziologenkrimi" in der Tradition -kys wollte ich nicht schreiben, dazu müsste ich schon Soziologe sein, damit das funktioniert. ;)
Eher hatte ich schon die klassischen "dreckigen" Detektivgeschichten Raymond Chandlers im Hinterkopf, als ich plottete.
MMarheinecke - 26. Feb, 12:49

Noch was zum Sozio-Krimi und warum ich Soziologe sein müsste, damit das funktioniert:
Der meines Wissens erste Roman -ky (Horst Bosetzky) "Einer von uns beiden", in dem ein Plagiat in einer Doktorarbeit eines politischen Karrieristen geht, hat scheinbar überraschende Parallelen zur "Guttenberg-Affäre" - obwohl Zeit (frühe 70er-Jahre) und Milieu sehr unterschiedlich sind. Das ist so, weil -ky es schaffte es, die gesellschaftlichen Strukturen, die hinter solchen Fällen stecken, herauszuarbeiten. Fehlt es am Wissen über die gesellschaftlichen Strukturen, funktionieren Sozio-Krimis nicht - wofür es leider viele Beispiele gibt.
Ace Kaiser (Gast) - 26. Feb, 20:02

Soziologen

MM, Du kennst einen Soziologen, der Dich bestimmt mit ein wenig Fakten versorgt, wenn Du versprichst, eifrig am PR-Projekt weiter zu arbeiten. XD

MMarheinecke - 26. Feb, 23:36

Nee, es geht nicht um Fakten.

Es ist wohl eher ein Vorwand, mit dem ich mich um die wirklichen Gründe für meine Angst vor dem Urteil der Öffentlichkeit / der Kritiker herumdrücke.
Fianna (Gast) - 11. Apr, 03:55

Hm, das Konzept kenne ich schon...

... aus einer Folge der amerikanischen Detektiv-Serie Monk, Staffel 3, Folge 6... Täter/Opfer war da natürlich anders, es war mal wieder die Ehefrau ^^ aber das Konzept vergiften/natürliche Todesursache war gleich.

MMarheinecke - 11. Apr, 06:41

Das Grundkonzept ist alt

und auch bei Monk war es schon alt, denn es gibt nur verhältnismäßig wenige Mordmethoden und - motive. Spötter behaupten, alle Krimis nur Varianten von rund 12 Grundkonzepten.
Petra (Gast) - 11. Apr, 16:53

Das kenn ich. Wie oft habe ich schon angefangen zu schreiben, Jahre später habe die Geschichten dann vollendet oder sie sind zwischenzeitlich ganz verworfen worden. Es ist ganz selten, dass ich von vorne bis hinten was durchziehe. Die Geschichten werden dann allerdings die besten, finde ich!

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