Blaualgen produzieren Propangas (als Treibstoff)

Ein Problem bei der Kraftstoffgewinnung aus Biomasse - Bioalkohol, Biodiesel usw. - ist die jämmerlich geringe Ausbeute an Sonnenenergie. Hinzu kommt, dass bei der heute noch üblichen Verfahren sozusagen potenzielle Lebensmittel verbrannt werden - Pflanzenöl oder Zucker, der zu Alkohol vergoren wird. Damit treten Autos in Konkurrenz zur menschliche Ernährung.
Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre es, ausschließlich sekundäre Pflanzenstoffen, z. B. Stroh, für die Energiegewinnung zu nutzen. Aber das wäre nur eine Nischenlösung, die auch ihre Probleme hätte.

Wirklich nachhaltig wäre meiner Ansicht nach Elektromobilität, wobei der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Darunter verstehe ich übrigens nicht nur Elektroautos. Für eine nachhaltige Volkswirtschaft wäre es sinnvoll, z. B. den Personen- und Güterverkehr weitgehend auf ein engmaschiges, voll elektrifiziertes Schienennetz zu verlagern - ähnlich dem der Schweiz.

Aber es gibt Bereiche, in denen ein Elektroantrieb wegen der verhältnismäßig geringen Energiedichte von Akkumulatoren nicht infrage käme. Im Luftverkehr zum Beispiel. Oder wo er erhebliche Schwächen hätte, beim Autoverkehr über weite Strecken in dünn besiedelten Gegenden zum Beispiel.

Eine interessante Möglichkeit, Propangas (das bekannte "Flüssiggas" für Autos) nicht nur CO2-neutral, sondern sogar CO2 reduzierend zu gewinnen, wäre die direkte Herstellung von Propan mittels Cyanobakterien, besser bekannt als "Blaualgen". "Direkt" heißt, dass die Cyonobakterien mit Hilfe von Sonnenlicht, Wasser und CO2 aus der Luft Propangas erzeugen, während bei indirekten Verfahren die Algen geerntet und fermentiert werden, wobei z. B. Methangas aus der Biomasse gewonnen wird.

Mit dem am 1. Oktober dieses Jahres gestarteten europäischen "DirectFuel"-Projekt soll ein photobiologischer Prozess zur direkten Herstellung von Propan entwickelt werden.
Biologische Energiewandlungsprozesse eignen sich besonders dazu, jene Kohlenwasserstoffe zu gewinnen, mit denen unsere Verbrennungsmotoren laufen. Chemische Syntheseverfahren für Kohlenwasserstoffe sind seit Jahrzehnten bekannt und erprobt, sind aber aufwendig und energieintensiv. Die Cyanobakterien würden weder chemische Fabriken noch, abgesehen vielleicht von Rührwerken, zusätzliche Energie zum Sonnenlicht benötigen.

Die in der Natur vorhandenen Möglichkeiten für diese Umwandlung sind leider begrenzt. Hauptziel des "DirectFuel"-Projekts ist es deshalb, neue metabolische Synthesewege zu konstruieren, die die gewünschten Eigenschaften besitzen. (Es ginge also nicht ohne gentechnisch veränderte Cyanobakterien.)
Propan wurde als ausgewählt, da es bei Raumtemperatur unter normalem Druck gasförmig ist, jedoch mit nur geringem Druck leicht verflüssigt werden kann. Daher kann es als Produkt, das für die Herstellung von Kraftstoff geeignet ist, ohne direkten Eingriff in den biologischen Produktionsprozess "geerntet" werden. Auf alle sonst mit der Gewinnung von Biokraftstoffen verbundenen Extraktionsschritte kann verzichtet werden. Es kann jedoch trotzdem leicht und direkt in einen hochverdichteten Zustand überführt werden.
Propan wird seit mehr als einem halben Jahrhundert als Kraftstoff für Autos verwendet, auch Gasturbinen für Flugzeuge können mit Propan betrieben werden. Auch die Infrastruktur für die Verteilung ist schon vorhanden: In Deutschland gibt es zum Beispiel schon heute mehr als 5.000 Tankstellen, die Flüssiggas anbieten. Der Prozess ist hocheffizient und zur direkten Anwendung geeignet.

Weitere Informationen (auf Englisch):
Cyanolab

DirectFuel

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