Dietrich Thor Steinars „Ring des Nibelungen“
Wagners monumentaler Opernzyklus „Der Ring des Nibelungen“ gehört – trotz oder gerade wegen seiner Sperrigkeit – zu den meistinszenierten Opernzyklen der deutschen Musikliteratur. Ein Grund, weshalb der „Ring“ sich allzu gefälligen Interpretationen versagt, und anderseits immer wieder Regisseure zu neuen Interpretationen des Zyklus reizt, liegt in Wagners Germanenbild, das stark von nationalromantischen und „deutsch-völkischem“ Gedankengut beeinflusst wurde. Obwohl Wagner trotzt seines Antisemitismus kein Rechtsextremist, etwa im Sinne der späteren NSDAP, war, schätzten Nazi-„Größen“, allen voran Hitler, Wagners Opern über alle Maßen. Erwähnt werden müssen auch der „Flirt“ vieler Nachkommen und Verwandten Wagners mit den Nazis, und die Vorliebe einiger „kultivierterer“ Neonazis, die Wagner (verständlicherweise) primitivem Rechts-Rock oder rechten Liedermachern vom Schlage eines Frank „Troubadix“ Rennicke vorziehen.
Darüber geriet eine andere musikalische Bearbeitung des alten Sagenstoffes völlig in Vergessenheit, die dem „deutsch-völkischen“ Germanenbild noch weitaus näher kommt als Wagners „Ring“ und die sich bei Rechtextremisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einiger Beliebtheit erfreute: Dietrich Thor Steinars „Ring des Nibelungen“, unter Opernkennern meist kurz "Thor Steinar Ring" genannt.
Dietrich Steinar, der sich wegen seiner Vorliebe für alles „nordisch-germanische“ auch in der Öffentlichkeit gerne „Thor“ nannte, wurde am 1. 4. 1888 als 3. von 8. Kindern des Preussischen Unteroffiziers und späteren Zollbeamten Jürgen Steinar und der Klavierlehrerin Trude Steinar (geb. Ackermann) im damals zur Preussischen Provinz Schleswig-Holstein gehörenden Dorf Sande geboren. Nach absolvierter Volksschule und anschließender Lehre im Einzelhandel komponierte Dietrich, dessen musikalisches Talent schon von seiner Mutter gefördert worden war, erste Lieder, die sich bei ländlichen Festen großer Beliebtheit erfreuten. Bei einem Besuch in Hamburg kam er 1910 zum ersten Mal in Kontakt mit der Musik seines großen Vorbildes, Richard Wagner: er wohnte einer Aufführung des „Fliegenden Holländers“ an der hamburgischen Staatsoper bei. Zu dieser Zeit entdeckte der junge Komponist die Schriften der Ariosophen Jörg Lanz „von Liebenfels“ und Guido „von“ List. Begeistert von den Rasse-, Elite- und Germanenphantasien der Ariosophen schloss er sich noch im selben Jahr einer kleinen völkisch-germanischen Sekte an, der „Groß-Germanischen Goden Gesellschaft“ (G.G.G.G.), die ihren Hauptsitz in Berlin hatte. 1912 regte das Sektenoberhaupt der G.G.G.G., Georg von Nehmwanich , Thor Steinar zu seinem Opernzyklus an. Von Nehmwanich glaubte durch intensive Textüberinterpretationen den einzig wahren und wissenschaftlich zweifelslosen Glauben „unserer slavischen Urväter“ gefunden zu haben (er meinte herausgefunden zu haben, dass Slawen, Germanen, Kelten, Finnen und Samojeden „im Grunde das selbe Volk“ seien). Er ergänzte die ältere isländische Edda durch Fragmente der neueren Edda, des Beowulfs, des Nibelungenliedes, der Odyssee, der Fabeln Äsops, des Alten Testaments, des tibetischen Totenbuches, des „Liber al“ Crowleys, der „Deutschen Mythologie“ Jakob Grimms, der Märchen der Gebrüder Grimm, der Märchen aus 1001er Nacht, des Gilgamesch-Epos, H. G. Wells „Zeitmaschine“, Petras Klöppers Kinderbuch „Der wilde Wikinger“ und zahlreicher anderer „unzweifelhaften Primärquellen“ zur „Traditionell Germanischen Edda“, auch „Heidenbibel“ genannt.
Da ihn störte, dass das, was Wagner in seinen Opern über die alten Germanen und ihre Götter dichtete nicht mit der historischen Wahrheit (sprich: seiner „Traditionell Germanischen Edda“) übereinstimmte, bat er seinen Freund Thor Steinar, den „Wahren Ring des Nibelungen“ zu schreiben.
Steinar stürzte sich in die Arbeit. Schon 1913 wurden die beiden ersten Opern des Zyklus, „Das Rheingold“ und „Die Wahlkürre“ (die ungewöhnliche Schreibweise geht auf Von Nehmwanich zurück) im Musikpavillion der Kurpromenade des vorpommerschen Ostseebades Steinwerder uraufgeführt. 1914 folgten „Der Wer-Wolf“, „Siegmunds Sieg“, „Hagens Holmgang“ und „Kriemhilds Krache“ (nicht, wie fälschlich oft geschrieben wird: „Rache“). Die abschließende Oper des Zyklus, „Das göttliche Gelage“ (wie von Nehmwanich „Ragnarök“ übersetzte) bliebt wegen des frühen Todes Steinars ein Fragment.
Seine Opern halten rein kompositorisch dem Vergleich mit Wagner in keiner Weise stand. Immerhin zeichnen sich seine Arien durch eine gewisse Originalität und unfreiwillig groteske Texte aus, und stellen selbst für ungeübte Sänger keine stimmliche Herausforderung dar. (Ein zeitgenössischer Kritiker meinte: “Ein Glück, dass das Orchester so laut krawallt, dass man die Sänger nicht hören muss.“)
Kompositorisch bediente sich Steinar einer Technik, die als „Klepto-Kreativität“ bekannt wurde. Er nahm Fragmente aus erfolgreichen Opern, aber auch Operetten, Musicals und Schlagern, montierte sie neu und modifizierte die so entstandenen Stücke so, dass die Urheberrechtsverletzung nicht sofort auffiel.
Die Texte bedienen sich ausgiebig des Stabreims; wenn etwas sich nicht auf Anhieb stabte, schreckte Steinar auch nicht vor orthographischen Anpassungen wie „Kriemhilds Krache“, „durch diese dohle Dasse duss der dommen“, oder „Heiliger Hohsack“ nicht zurück.
Inhaltlich war Thor Steinar völlig den völkischen und ariosophischen Idealen verpflichtet. Da nach ariosophischer Auffassung die zahlreichen Götter, wie sie aus der germanischen Volksreligion bekannt sind, für die ariogermanische Führerschicht, die Armanen, in Wirklichkeit ein Gott sind, werden alle Götterrollen von einem einzigen Sänger übernommen. Das setzt die Fähigkeit zum schnellen Kostümwechsel voraus, in den meisten Inszenierungen wechseln die Sänger nur das Attibut (Wotans Speer, Donars Hammer, Freijas goldenes Halsband, Lokes brennendes Feuerzeug ). Helden erkennt man bei Steinar äußerlich daran, dass sie hellhäutig sind, blaue Augen haben und hohe Schnürstiefel tragen. Blond müssen sie, wegen des extremen Kurzhaarschnittes, nicht unbedingt sein. Die Bösen sind stets Juden, Freimauer, christliche Geistliche, Kommunisten, Ausländer oder Sektenbeauftragte – meistens alles zusammen.
Nach Ausbruch des 1. Weltkrieges meldete sich Dietrich Steinar freiwillig zum Kriegsdienst. Nach der Grundausbildung wurde er zum 88. westfälischen Infanteriebattaillon an die nordfranzösische Front versetzt. Er fiel schon beim ersten Einsatz. Sein „Spieß“, Hauptfeldwebel Alfred E. Neumann, erinnerte sich in seinen „Kriegstagebüchern“: „Steinar robbte sich bis auf 30 Meter an den französischen Schützengraben `ran. Dann stand der Idiot doch tatsächlich auf und stürmte mit „Hurrah!“ auf die Franzosen vor. Keine zwei Sekunden später war der Kerl ein Kugelsieb.“
Die Gebeine Steinars konnten später aufgrund der zahlreichen Einschussspuren eindeutig identifiziert werden.
Dietrich Thor Steinar und seine Opern erfreuten sich in den 20er Jahren bei jungen Nazis einiger Beliebtheit. 1935 verbot Hitler die Steinar-Verehrung „weil der Spinner deutschen Soldaten das denkbar schlechteste Vorbild gab.“
Im Soldatenjargon des 2. Weltkriegs nannte man Kleidungsstücke mit Einschusslöchern „Thor-Steinar-Mode“.
Heutzutage wird der "Thor Steinar Ring" kaum noch aufgeführt.
Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Literarisierung von Suchergebnissen, vor allem denen, die bisher mit unangenehmen Dingen, wie dem Nazi nahen Modelabel Thor Steinar verbunden sind. Es ist Teil der Aktion: “Thor Steinar’s Ring, ein Blog born hoax”.
Darüber geriet eine andere musikalische Bearbeitung des alten Sagenstoffes völlig in Vergessenheit, die dem „deutsch-völkischen“ Germanenbild noch weitaus näher kommt als Wagners „Ring“ und die sich bei Rechtextremisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einiger Beliebtheit erfreute: Dietrich Thor Steinars „Ring des Nibelungen“, unter Opernkennern meist kurz "Thor Steinar Ring" genannt.
Dietrich Steinar, der sich wegen seiner Vorliebe für alles „nordisch-germanische“ auch in der Öffentlichkeit gerne „Thor“ nannte, wurde am 1. 4. 1888 als 3. von 8. Kindern des Preussischen Unteroffiziers und späteren Zollbeamten Jürgen Steinar und der Klavierlehrerin Trude Steinar (geb. Ackermann) im damals zur Preussischen Provinz Schleswig-Holstein gehörenden Dorf Sande geboren. Nach absolvierter Volksschule und anschließender Lehre im Einzelhandel komponierte Dietrich, dessen musikalisches Talent schon von seiner Mutter gefördert worden war, erste Lieder, die sich bei ländlichen Festen großer Beliebtheit erfreuten. Bei einem Besuch in Hamburg kam er 1910 zum ersten Mal in Kontakt mit der Musik seines großen Vorbildes, Richard Wagner: er wohnte einer Aufführung des „Fliegenden Holländers“ an der hamburgischen Staatsoper bei. Zu dieser Zeit entdeckte der junge Komponist die Schriften der Ariosophen Jörg Lanz „von Liebenfels“ und Guido „von“ List. Begeistert von den Rasse-, Elite- und Germanenphantasien der Ariosophen schloss er sich noch im selben Jahr einer kleinen völkisch-germanischen Sekte an, der „Groß-Germanischen Goden Gesellschaft“ (G.G.G.G.), die ihren Hauptsitz in Berlin hatte. 1912 regte das Sektenoberhaupt der G.G.G.G., Georg von Nehmwanich , Thor Steinar zu seinem Opernzyklus an. Von Nehmwanich glaubte durch intensive Textüberinterpretationen den einzig wahren und wissenschaftlich zweifelslosen Glauben „unserer slavischen Urväter“ gefunden zu haben (er meinte herausgefunden zu haben, dass Slawen, Germanen, Kelten, Finnen und Samojeden „im Grunde das selbe Volk“ seien). Er ergänzte die ältere isländische Edda durch Fragmente der neueren Edda, des Beowulfs, des Nibelungenliedes, der Odyssee, der Fabeln Äsops, des Alten Testaments, des tibetischen Totenbuches, des „Liber al“ Crowleys, der „Deutschen Mythologie“ Jakob Grimms, der Märchen der Gebrüder Grimm, der Märchen aus 1001er Nacht, des Gilgamesch-Epos, H. G. Wells „Zeitmaschine“, Petras Klöppers Kinderbuch „Der wilde Wikinger“ und zahlreicher anderer „unzweifelhaften Primärquellen“ zur „Traditionell Germanischen Edda“, auch „Heidenbibel“ genannt.
Da ihn störte, dass das, was Wagner in seinen Opern über die alten Germanen und ihre Götter dichtete nicht mit der historischen Wahrheit (sprich: seiner „Traditionell Germanischen Edda“) übereinstimmte, bat er seinen Freund Thor Steinar, den „Wahren Ring des Nibelungen“ zu schreiben.
Steinar stürzte sich in die Arbeit. Schon 1913 wurden die beiden ersten Opern des Zyklus, „Das Rheingold“ und „Die Wahlkürre“ (die ungewöhnliche Schreibweise geht auf Von Nehmwanich zurück) im Musikpavillion der Kurpromenade des vorpommerschen Ostseebades Steinwerder uraufgeführt. 1914 folgten „Der Wer-Wolf“, „Siegmunds Sieg“, „Hagens Holmgang“ und „Kriemhilds Krache“ (nicht, wie fälschlich oft geschrieben wird: „Rache“). Die abschließende Oper des Zyklus, „Das göttliche Gelage“ (wie von Nehmwanich „Ragnarök“ übersetzte) bliebt wegen des frühen Todes Steinars ein Fragment.
Seine Opern halten rein kompositorisch dem Vergleich mit Wagner in keiner Weise stand. Immerhin zeichnen sich seine Arien durch eine gewisse Originalität und unfreiwillig groteske Texte aus, und stellen selbst für ungeübte Sänger keine stimmliche Herausforderung dar. (Ein zeitgenössischer Kritiker meinte: “Ein Glück, dass das Orchester so laut krawallt, dass man die Sänger nicht hören muss.“)
Kompositorisch bediente sich Steinar einer Technik, die als „Klepto-Kreativität“ bekannt wurde. Er nahm Fragmente aus erfolgreichen Opern, aber auch Operetten, Musicals und Schlagern, montierte sie neu und modifizierte die so entstandenen Stücke so, dass die Urheberrechtsverletzung nicht sofort auffiel.
Die Texte bedienen sich ausgiebig des Stabreims; wenn etwas sich nicht auf Anhieb stabte, schreckte Steinar auch nicht vor orthographischen Anpassungen wie „Kriemhilds Krache“, „durch diese dohle Dasse duss der dommen“, oder „Heiliger Hohsack“ nicht zurück.
Inhaltlich war Thor Steinar völlig den völkischen und ariosophischen Idealen verpflichtet. Da nach ariosophischer Auffassung die zahlreichen Götter, wie sie aus der germanischen Volksreligion bekannt sind, für die ariogermanische Führerschicht, die Armanen, in Wirklichkeit ein Gott sind, werden alle Götterrollen von einem einzigen Sänger übernommen. Das setzt die Fähigkeit zum schnellen Kostümwechsel voraus, in den meisten Inszenierungen wechseln die Sänger nur das Attibut (Wotans Speer, Donars Hammer, Freijas goldenes Halsband, Lokes brennendes Feuerzeug ). Helden erkennt man bei Steinar äußerlich daran, dass sie hellhäutig sind, blaue Augen haben und hohe Schnürstiefel tragen. Blond müssen sie, wegen des extremen Kurzhaarschnittes, nicht unbedingt sein. Die Bösen sind stets Juden, Freimauer, christliche Geistliche, Kommunisten, Ausländer oder Sektenbeauftragte – meistens alles zusammen.
Nach Ausbruch des 1. Weltkrieges meldete sich Dietrich Steinar freiwillig zum Kriegsdienst. Nach der Grundausbildung wurde er zum 88. westfälischen Infanteriebattaillon an die nordfranzösische Front versetzt. Er fiel schon beim ersten Einsatz. Sein „Spieß“, Hauptfeldwebel Alfred E. Neumann, erinnerte sich in seinen „Kriegstagebüchern“: „Steinar robbte sich bis auf 30 Meter an den französischen Schützengraben `ran. Dann stand der Idiot doch tatsächlich auf und stürmte mit „Hurrah!“ auf die Franzosen vor. Keine zwei Sekunden später war der Kerl ein Kugelsieb.“
Die Gebeine Steinars konnten später aufgrund der zahlreichen Einschussspuren eindeutig identifiziert werden.
Dietrich Thor Steinar und seine Opern erfreuten sich in den 20er Jahren bei jungen Nazis einiger Beliebtheit. 1935 verbot Hitler die Steinar-Verehrung „weil der Spinner deutschen Soldaten das denkbar schlechteste Vorbild gab.“
Im Soldatenjargon des 2. Weltkriegs nannte man Kleidungsstücke mit Einschusslöchern „Thor-Steinar-Mode“.
Heutzutage wird der "Thor Steinar Ring" kaum noch aufgeführt.
Dieser Artikel ist ein Beitrag zur Literarisierung von Suchergebnissen, vor allem denen, die bisher mit unangenehmen Dingen, wie dem Nazi nahen Modelabel Thor Steinar verbunden sind. Es ist Teil der Aktion: “Thor Steinar’s Ring, ein Blog born hoax”.
MMarheinecke - Mittwoch, 19. Dezember 2007
käuflich erwerbbar?
und - ist es ein ring des nippelung? oder eher für männer?
noch kurz zum percanate: einer der lustigeren vertipper, über die ich in letzter zeit gestolpert bin, war "labert camus"