Vom Sparen am richtigen Ort

Ausgaben für die Jugendhilfe werden oft als Kosten wahrgenommen - und nicht selten wird in diesem wenig populären Sektor gern eingespart. Folgt man Prof. Dr. Michael Macsenaere, Direktor des Institutes für Kinder und Jugendhilfe (IKJ) in Mainz, wirkt Jugendhilfe. Sie wirkt besonders gut, wenn es gelingt, Eltern und das soziale Umfeld der Kinder- und Jugendlichen in die Arbeit einzubeziehen.
Macsenaere weiß offensichtlich, wie auf der "politischen Ebene" gedacht wird: Die Wirkungen von Jugendhilfemaßnahmen wie Erziehungsbeistandschaft oder Heimunterbringung seien (ökonomisch) messbar. In rund 70 Prozent der Fälle seien positive Verläufe feststellbar und die Veränderungen seien stabil. Mit seinen Forschungen ermöglicht Macsenaere Kosten-Nutzen-Analysen auch in der Jugendhilfe. Langfristig gesehen steht den durchschnittlichen Kosten einer Jugendhilfemaßnahme von rund 120.000 € ein volkswirtschaftlicher Nutzen von rund 360.000 € gegenüber - in den Bereichen Bildung, Arbeit, Gesundheit oder Kriminalität. Ein Euro für die Jugendhilfe habe drei Euro Nutzen, so Macsenaere: "Ausgaben für die Jugendhilfe sind keine Kosten, sondern Investitionen." Kurzfristige Sparmaßnahmen in diesem Bereich, wie jüngst die Auflösung der Heimunterbringung in Halle, seien aus fachlicher Sicht Unsinn.

Quelle: Pressemitteilung der Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie

Es mag ein trauriges Zeichen für die gesellschaftlichen Realitäten sein, dass Hilfe für junge Leute mit Problemen, die anderen Probleme machen aufgrund knallhart ökonomischer Kosten-Leistungsrechnungen durchgesetzt werden soll. Aber im Endeffekt ist es vor allem wichtig, dass diesen jungen Menschen geholfen wird; dass es sich "nicht lohnt" sie einfach "aufzugeben".

Macsenaere befolgt mit seinem Ansatz eine alte Erfahrungsregel der Politik: "Appelliere nie an die 'bessere Natur' eines Menschen. Vielleicht hat er keine. Sein Eigennutz bietet einen besseren Ansatzpunkt." Es könnte klappen, jedenfalls auf kommunaler Ebene, wo niedrige Kriminalität nach wie vor ein gutes Argument für Politiker ist, die wiedergewählt werden wollen.
flatter (Gast) - 14. Okt, 00:58

Die Kinder-und Jugendhilfe wird von den Kommunen finanziert. Nachdem diese, nicht zuletzt durch die Schrödersche Steuerreform, finanziell quasi ausgeblutet waren, haben sie noch restriktivere Haushaltspolitik in diesem Sektor betrieben. Das geht von illegalen Maßnahmen (ignorieren des Wunsch-und Wahlrechts in bezug auf den Träger der Hilfe, deckeln der Mittel) bis hin zu ganz legalen, die nicht weniger fatal sind: Es werden "teure" Hilfen (die qualitativ besser wären) vermieden, Maßnahmen werden verschleppt, damit der aktuelle Haushalt nicht zu sehr belastet wird. Mittel- und langsfristig wird derart sogar mehr Geld ausgegeben.
Solange "Politik" sich an betriebswirtschaftlichen Standards orientiert, wird das Elend immer größer. Nicht einmal in einem Sektor, in dem solcher Ökonomismus zum Schreien dumm ist, kehrt das Primat der Politik ein. Das ist das Hauptproblem.

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