Mittwoch, 27. April 2011

Heute und vor 25 Jahren

Überlegungen zum katastrophalen Reaktorunfall im AKW Tschernobyl sind gerade im Zusammenhang mit dem ebenfalls katastrophalen Reaktorunfall im AKW Fukushima - Dai ichi so üblich, dass ich es mir lange überlegte, ob meine Überlegungen nicht besser für mich behalten sollte, da bestimmt jemand diese Überlegungen in sehr viel besserer Form längst geäußert hat.

Ein interessante, aber in der Berichterstattung etwas untergegangene Tatsache ist, dass die Reaktoren beim Erdbeben der Starke 9 auf der Richter-Skala offensichtlich nicht beschädigt wurden. Die Kernkraftwerksblöcke waren für Beben der Stärke 8,2 ausgelegt, wobei man nicht aus den Augen verlieren darf, dass die Richter-Skala logarithmisch ist - ein Beben der Stärke 9 ist zehnmal so stark wie eines der Stärke 8.
Angesichts der eingestürzten Gebäude und aufgerissenen Straßen in der Umgebung ist das eine bemerkenswerte Tatsache. Mag bei der Konstruktion der Reaktoren auch vieles im Argen gelegen haben, immerhin wurde damals, in den 1970ern, als die Kraftwerksblöcke gebaut wurden, offensichtlich solide gearbeitet.
Die automatische Schnellabschaltung ordnungsgemäß beim Beben ausgelöst.
(Siehe: Chronik der Nuklearkatastrophe von Fukushima.) Die externe Stromversorgung des Kraftwerks fiel durch Erdbebenschäden aus, die Stromversorgung der Kühlsysteme wurde von den Notstromdieselgeneratoren in den Untergeschossen der Turbinengebäude übernommen. Wäre es bei den Erdbebenschäden geblieben, wäre es noch einmal glimpflich abgegangen.
Was zur Katastrophe führte, war der Tsunami. Die Untergeschosse im Turbinengebäude waren nicht ausreichend wassergeschützt, so dass der Tsunami die Notstromgeneratoren überschwemmte und sie ebenso wie die Kühlpumpen ausfielen. Beide waren - anders als in später errichteten Kraftwerken - an der ungeschützten Stelle verblieben, obwohl eine Tepco-interne Untersuchung dies als Sicherheitsrisiko einschätzte.
In Tschernobyl war das Notkühlsystem absichtlich abgeschaltet worden.
Die Gemeinsamkeit bei beiden Katastrophen war, außer, dass in beiden Fällen verantwortungsloser Leichtsinn im Spiel war, dass nicht die beim Bau einkalkulierten Gefahren zum Unfall führten, sondern jene, die übersehen oder vernachlässigt wurden. Was an und für sich keine Überraschung ist, denn das trifft auch auf z. B. die meisten Verkehrsunfälle zu. Wie überall in Technik entwickelten sich auch bei Kernreaktoren die Sicherheitskonzepte durch die Praxis ("Learning by Doing"). Nur können die Folgen eines schweren oder sehr schweren Unfalls in der "Atomindustrie" so schwerwiegend sein, dass sich dieser übliche Weg, irgendwann zu einer akzeptabel sicheren Anwendung zu kommen, verbietet.

"Fukushima" ist ansonsten kein "zweites Tschenobyl": Nicht nur der Reaktor, nicht nur der Unfallhergang, sondern auch die Folgen sind völlig anders als in Tschernobyl. Was nicht unbedingt bedeutet, dass es in jedem Fall "harmloser" wäre - immerhin sind in Japan gleich drei Reaktoren havariert, und überdies einige der im zur Zeit des Erdbebens abgeschaltetem Reaktorblock 4 im Abklingbecken gelagerten Brennelemente beschädigt worden.

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