Montag, 1. September 2008

Merk (Justizministerin, Bayern, CSU) merkbefreit

Es ist Wahlkampf in Bayern, der Bayrischen Staatspartei CSU droht der Verlust der ererbten Pfründe absoluten Mehrheit - da wundert mich kaum noch etwas.

Nun hat die bayerische Justizministerin Beate Merk im Lokalsender
München TV angekündigt, auf eine wesentlich härtere Bestrafung der Nutzung von Kinderpornographie hinzuarbeiten. (heise online: Bayerische Justizministerin Merk will neues Sexualstrafrecht.) So weit, so gut, so wahlkampftypisch.

Dabei hat sie nicht nur, wie üblich, das bisherige Höchststrafmaß ins Auge gefasst, sondern möchte auch, dass Personen, die lediglich einmal auf eine Seite mit entsprechenden Inhalten klicken, wesentlich härter bestraft werden sollen.

Diesen Vorschlag muss man sich ein Mal auf der Zunge zergehen lassen. (Aber Vorsicht: Kotzgefahr!)

Die gute Frau geht offensichtlich davon aus, dass ein "Anklicken" - wobei unklar ist, ob sie damit einen reinen "Hit" oder doch wohl eher einen Seitenaufruf (Page Impression) meint - eine ähnlich eindeutige Handlung ist wie etwa der Erwerb jener "Kinderpornographischen Schriften", von denen der Gesetzgeber schreibt.

Bei der "spektakulären" Operation Himmel stellte sich im Nachhinein hinaus, dass fast alle der 12.000 Verdächtigen überhaupt kein kinderpornographisches Material heruntergeladen hatten - dafür reichte die Zeit zwischen "draufklicken" und "wegklicken" gar nicht aus.
(Zur Erinnerung: bei "Himmel" ging es nicht etwa um einen geschlossen FTP-Server, sondern um ein Fenster mit teilweise kinderpornografischen Aufnahmen, das per Link im Umfeld eindeutiger und grenzwertiger, aber noch legaler Porno-Angebote aufgerufen wurde. Man kann vom Verhalten der Verdächtigen darauf schließen, dass allenfalls eine winzige Minderheit tatsächlich an Kinderpornos interessiert war.)
Nach der von der Frau Merk gewünschten Regelung wäre "Himmel" ein "Riesenerfolg" gewesen, denn die Verdächtigen hätten sich allesamt strafbar gemacht.

Man muss nicht einmal absichtlich auf so eine Seite "klicken". Es ist es gerade auf "Schmuddelseiten" nicht unüblich, dass der unvorsichtige Betrachter, der nicht sicherheitshalber die Skriptfunktionen seines Browsers deaktiviert oder wenigstens auf "Vor dem Ausführen fragen" gestellt hat, durch eingebettete Werbung automatisch auf Seiten weitergeleitet wird, auf die er freiwillig nie gehen würde. ("Firefox"-Benutzern rate ich dringend, NoScript zu installieren.)
Sicher werden "echte" Kinderficker-Seiten wohl nie auf diese Weise verlinkt sein - aber unser famoses redeformiertes Sexualstrafrecht kennt den Tatbestand "Jugendpornographie". Zwar wurde, anders als im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehenen, Jugendpornographie nicht in den Tatbestand über die kinderpornografischen Schriften integriert. Aber es wird kein Unterschied zwischen kinder- und jugendpornografischen Schriften gemacht, wenn einem anderen der Besitz verschafft wird bzw. werden soll (§ 184c Abs. 2 n.F. StGB). Hier genügt es bereits, wenn wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergegeben wird.
Das bedeutet: Ist die dargestellte Person erwachsen, wirkt jedoch jugendlich, so kommt es stets auf die Sichtweise eines "objektiven Betrachters" und nicht auf das tatsächliche Alter der Person an!

Vielleicht steckt hinter dem Vorschlag der guten Frau auch die volkspädagogische Absicht, dass Internetsurfer, aus Angst, nach einen falschen Klick oder einer nicht unterdrückten Weiterleitung mit einem Bein im Knast zu stehen, künftig einen weiten Bogen um alle Sexseiten machen werden.

In Deutschland ist so eine Absicht ohne Weiteres denkbar - und erst recht in Bayern!

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