Kafka und die Fahrschule
Manchmal erinnert die deutsche Realität an eine Erzählung von Franz Kafka. Wie in einem Albtraum bewegt sich der Bürger im bizarren Paralleluniversum staatlicher und privatwirtschaftlicher Bürokratie, anonymen Mächten ausgeliefert, durch ein Labyrinth undurchsichtiger Verhältnisse.
Besonders verstörend sind die gar nicht einmal so seltenen Fälle, in denen derBittsteller Kunde sich widersprechenden Vorschriften ausgesetzt ist. Ein groteskes, aber wenigstens nicht alptraumhaftes Beispiel: Eine Bekannte möchte sich mit einer Fahrschule selbstständig machen. Das Dumme ist nur - nach der "Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz" braucht man für eine Fahrschulerlaubnis ein Schulungsfahrzeug. Um aber ein Schulungsfahrzeug mit Fahrschulnachlaß kaufen zu können, braucht man eine Fahrschulerlaubnis.
Als angehender selbständiger Fahrlehrer bleibt einem also nur, zusehen, dass man ein erschwingliches Schulungsfahrzeug auch ohne Fahrschulnachlaß erwerben kann. (Faktisch eine Benachteiligung von "Neulingen" gegenüber "bereits Etablierten", die ein fabrikneues Auto mit Nachlaß kaufen können.) Oder - man greift beim Amt zu einem Trick: man kann einen Nutzungsvertrag mit einem Kollegen machen, in dem steht, dass man dessen Auto mitbenutzen kann. Dass ist natürlich Quatsch, was auch beim Verkehrsamt bekannt ist, aber so kommt man zu einer Fahrschulerlaubnis.
Vergleichbare Regelungen, die sich nur mit Tricksereien und dem Wohlwollen der Behörden aushelbeln lassen, lernt ein angehender Kleingewerbetreibender zu haufe kennen. Manchmal läßt es sie sogar erkennen, wer einem die Steine aus welchen Grunde in den Weg legt. Zum Beispiel hat es die Handwerkskammer gar nicht gern, wenn man als selbständiger etwas Rolläden baut und montiert - es gibt zwar keinen Beruf "Rollädenbauer" (oder "Garagentorbauer" oder "Jalousienbauer"), aber dennoch fragt die Handwerkskammer nach einem Meisterbrief (in einem einer einigermaßen passenden Handwerksberuf). Es gibt auch in diesem Bereich natürlich Tricks und Kniffe, wie man trotzdem an den ersehnten Gewerbeschein kommt - aber nur dank wohlwollender Behördenwillkür.
Richtig alptraumhaft kann so etwas werden, wenn man sich z. B. als Langzeitarbeitsloser selbstständig machen will. Oder auch, wenn man als ALG II Empfanger auf die Idee kommt, tatsächlich die so gern eingeforderte Eigeninitiative ergreifen zu wollen. Ohne das Wohlwollen des "Fallmanagers" (oder wie der Sachbearbeiter sonst heute heißt) ist da nichts zu wollen. Wenn er will, kann er genau so gut den Kunden wegen irgendwelcher nicht beachteten Detailvorschriften schikanieren. (Zum Glück scheine ich in dieser Hinsicht Glück zu haben. War nicht immer so ... )
Und so was findet sich nicht nur bei Behörden. Auch z. B. Personalabteilungen stellen gerne Anforderungen an neue Mitarbeiter, die sich eigentlich nicht erfüllen lassen. (Der berühmte Witz mit dem Unternehmen, dass einen höchstens 30-jährigen Mitarbeiter mit abgeschlossenem Studium und mindestens 15- jähriger Berufserfahrung sucht, ist gar nicht so weit von der Realität entfernt.) Der Sinn der Übung: erst mal die Anzahl der Bewerbungen überschaubar halten - und dann die, dem erfolgreichen Bewerber das Gefühl geben, er sei nur dank besonderer Rücksichtnahme "ausnahmsweise" eingestellt worden.
Was schon Kafka erkannte: undurchschaubare und widersprüchliche Vorschriften sind dazu da, den Einzelnen vom guten Willen der "Entscheider" abhängig zu machen. Machtinstrumente. Die, wenn es der "Entscheider" für richtig hält, auch zur völlig legalen Schikane eingesetzt werden können.
Und noch ein Aspekt fällt auf: viele dieser Vorschriften reduzieren den Wettbewerb, schützen die, die schon "drin" sind, vor der Konkurrenz durch die Neuen.
Besonders verstörend sind die gar nicht einmal so seltenen Fälle, in denen der
Als angehender selbständiger Fahrlehrer bleibt einem also nur, zusehen, dass man ein erschwingliches Schulungsfahrzeug auch ohne Fahrschulnachlaß erwerben kann. (Faktisch eine Benachteiligung von "Neulingen" gegenüber "bereits Etablierten", die ein fabrikneues Auto mit Nachlaß kaufen können.) Oder - man greift beim Amt zu einem Trick: man kann einen Nutzungsvertrag mit einem Kollegen machen, in dem steht, dass man dessen Auto mitbenutzen kann. Dass ist natürlich Quatsch, was auch beim Verkehrsamt bekannt ist, aber so kommt man zu einer Fahrschulerlaubnis.
Vergleichbare Regelungen, die sich nur mit Tricksereien und dem Wohlwollen der Behörden aushelbeln lassen, lernt ein angehender Kleingewerbetreibender zu haufe kennen. Manchmal läßt es sie sogar erkennen, wer einem die Steine aus welchen Grunde in den Weg legt. Zum Beispiel hat es die Handwerkskammer gar nicht gern, wenn man als selbständiger etwas Rolläden baut und montiert - es gibt zwar keinen Beruf "Rollädenbauer" (oder "Garagentorbauer" oder "Jalousienbauer"), aber dennoch fragt die Handwerkskammer nach einem Meisterbrief (in einem einer einigermaßen passenden Handwerksberuf). Es gibt auch in diesem Bereich natürlich Tricks und Kniffe, wie man trotzdem an den ersehnten Gewerbeschein kommt - aber nur dank wohlwollender Behördenwillkür.
Richtig alptraumhaft kann so etwas werden, wenn man sich z. B. als Langzeitarbeitsloser selbstständig machen will. Oder auch, wenn man als ALG II Empfanger auf die Idee kommt, tatsächlich die so gern eingeforderte Eigeninitiative ergreifen zu wollen. Ohne das Wohlwollen des "Fallmanagers" (oder wie der Sachbearbeiter sonst heute heißt) ist da nichts zu wollen. Wenn er will, kann er genau so gut den Kunden wegen irgendwelcher nicht beachteten Detailvorschriften schikanieren. (Zum Glück scheine ich in dieser Hinsicht Glück zu haben. War nicht immer so ... )
Und so was findet sich nicht nur bei Behörden. Auch z. B. Personalabteilungen stellen gerne Anforderungen an neue Mitarbeiter, die sich eigentlich nicht erfüllen lassen. (Der berühmte Witz mit dem Unternehmen, dass einen höchstens 30-jährigen Mitarbeiter mit abgeschlossenem Studium und mindestens 15- jähriger Berufserfahrung sucht, ist gar nicht so weit von der Realität entfernt.) Der Sinn der Übung: erst mal die Anzahl der Bewerbungen überschaubar halten - und dann die, dem erfolgreichen Bewerber das Gefühl geben, er sei nur dank besonderer Rücksichtnahme "ausnahmsweise" eingestellt worden.
Was schon Kafka erkannte: undurchschaubare und widersprüchliche Vorschriften sind dazu da, den Einzelnen vom guten Willen der "Entscheider" abhängig zu machen. Machtinstrumente. Die, wenn es der "Entscheider" für richtig hält, auch zur völlig legalen Schikane eingesetzt werden können.
Und noch ein Aspekt fällt auf: viele dieser Vorschriften reduzieren den Wettbewerb, schützen die, die schon "drin" sind, vor der Konkurrenz durch die Neuen.
MMarheinecke - Montag, 29. Januar 2007