Ein wahrer Held - Georg Elser

„Wäre die Kundgebung wie alle Jahre vorher programmgemäß durchgeführt worden, dann lebten wir alle nicht mehr.“
Joseph Goebbels, am 9. November 1939 notierte Joseph Goebbels.

Georg Elser und das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler (Publikative.org)

Bittere Ironie der Geschichte: Hitler und seine "Paladine" hatten verdammt viel Glück. Zum Unglück von Millionen.
Ich vermute - das ist ausdrücklich eine dieser irrationalen Spekulationen des MartinM - dass das "Glück" Hitlers, viele Attentate überlebt zu haben,
  • strukturelle Ursachen hatte. Was sowohl die Struktur der Persönlichkeit Hitlers (der Mann war enorm sprunghaft, und hielt das für "genial" und "spontan"), der "polykratischen", buchstäblich unberechbaren Struktur der Nazi-Herrschaft ohne klare Zuständigkeiten, mit in sich widersprüchlicher Weltanschauung, und permanenten Machtkämpfen - vor allem aber der Denkstruktur der meisten Nazigegnern lag - der Glaube z. B. des kommunistischen Widerstandes an "Stärke durch Organisation" war seine fatalste Schwäche, so wie der Nationalismus des bürgerlichen Widerstandes, sein Glaube an ein anderes, besseres, "heiliges" Deutschland, seine unverzeihliche Schwäche war,
  • und Ursachen in so etwas wie Sychronizität hatte - die ja nicht automatisch "den Guten" zu gute kommt. Hitler hatte mit seinem Glauben an die ""Vorsehung" in gewisser Hinsicht leider recht, der Umstand, dass er von Millionen Deutschen geradezu angebetet wurde, kam ihm nicht nur auf der politischen und soziologischen Ebene zugute
Eine genügend große Anzahl entschlossener Einzeltäter hätte es irgendwann trotz alledem geschafft, Hitler und seine wichtigsten Gefolgsleute und potenziellen Nachfolger zu töten. Hitler soll 42 Attentate überlebt haben. 420 hätte er wohl nicht überlebt, 4200 auf keinen Fall.
Vor allem: es stimmt, ohne willige Deutsche keinen "Holocaust". Aber ohne Hitler auch nicht. Er hätte keinen "gleichwertigen" Nachfolger gehabt. Jedenfalls nicht 1939.
(Hierzu auch mein alter Beitrag von 2007: Georg Elser - ein einsamer Held.)

Elser erteilt eine deutliche Lektion für die, die meinen, man könne "als Einzelner" nichts machen. Es gibt IMMER Alternativen!
Allerdings erfordern diese Alternativen Mut, vor allem den Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Die Verbündeten jedes Unterdrückers heißen "Feigheit", "Opportunismus" und "Angst".

Helden sind Menschen, die sich gegen mächtige soziale Kräfte wehren können. Ein Held handelt, wenn andere tatenlos zusehen oder sogar absichtlich wegsehen.
Elser ist das klassische Beispiel eines - leider tragischen - Helden.
Ace Kaiser (Gast) - 11. Nov, 12:09

Einsamer Held?

[...] Hier habe ich einen Text zu Georg Elser gelöscht. Ich muss über den Mann noch mehr nachdenken, bevor ich mehr zu ihm sage.
Seine Aussagen über Lohndumping im Dritten Reich haben mich überrascht. [...]

Ich widerspreche Dir, MM, wenn Du sagst, mit Hitlers Tod wäre der Krieg verhindert worden. Die Strukturen in Deutschland und Europa, die Kriegsgläubigkeit war noch viel zu sehr ausgeprägt, Krieg als Mittel der Politik zu gang und gebe. Und die Industrie wollte für ihre Investitionen den Gewinn abschöpfen.
Hitler als Toter wäre zur Ikone geworden, man hätte Rache geschworen und den Krieg in seinem Namen geführt. Eventuell vehement. Hitler war die Galeonsfigur, die Lichtgestalt deutscher Rechtskonservativer. Aber jeder Diktator braucht eine Basis, auf die er sich stützt, die ihm die Macht überhaupt erhält. Die viel beschworenen "kleinen Hitler", die Industrie (die von Zwangsarbeitern enorm profitierte), das preußisch geprägte Offizierskorps, das lange Zeit Ehre vor Vernunft stellte, das waren die Grundlagen der Nazi-Herrschaft. Es hätte definitiv einen zweiten Hitler gegeben. Und der hätte getan, was Klein-Adolf in "Mein Kampf" gefordert hatte und Europa doch ins Verderben gestürzt, denke ich.

MMarheinecke - 11. Nov, 20:15

Du hast selbstverständlich recht. Aber nicht ganz.

Ja, denn selbstverständlich wäre Deutschland auch nach dem Tode Hitlers eine ziemlich hässliche faschistische Diktatur gewesen.
Ja, und einen "Märtyrerkult" um Hitler kann ich mir leider allzu gut vorstellen.
Ja, denn der Tod Hitlers hätte keinen sofortigen Frieden gebracht, denn er Krieg war im November 1939 bekanntlich schon im Gang, und es sehr unwahrscheinlich, dass eine Hitler-Nachfolgeregierung sofort um Frieden ersucht hätte.
Nein, weil mit Hitler, Himmler und Goebbels gleich drei zentrale Figuren Nazideutschlands getötet worden wären, für die es 1939 (!) und in den Strukturen Nazideutschlands keine "Ersatzmänner" gegeben hätte.
Keine von den dreien war ein "unersetzliches Ausnahmetalent". Es gab, das ist anzunehmen, zahlreiche "kleine Hitlers", die den "Führer" von ihren Fähigkeiten und ihrer Persönlichkeitsstruktur hätten ersetzen können. Für Goebbels und Himmler gilt dasselbe. Aber aus Gründen des Machterhalts ließ z. B. Goebbels niemanden im Propagandaministerium nach "ganz oben" aufsteigen, der ihn von den Fähigkeiten und von persönlichen Ehrgeiz her hätte ersetzen können. Die "gute Leute" arbeiteten im Propagandaministerium in den Fachabteilungen, wo sie dem Herrn Minister nicht am Stuhl sägen konnten. Hitler hat schon früh und rücksichtslos alle gefährlichen potenziellen Nachfolger ausgeschaltet / ermorden lassen. Es ist kein Zufall, dass eine ausgesprochene Null wie Rudolf Heß "Stellvertreter des Führers" in der Partei war und ein Mensch mit der Mentalität eines durchschnittlichen Gangsterbosses wie Hermann Göring als Nachfolger als Staatschef vorgesehen war. Auch einen Martin Bormann (der 1939 noch gar nicht so wichtig war) kann man sich nicht als "gleichwertigen" Ersatzführer vorstellen, dem der Mann war in Parteikreisen und beim Militär herzlich unbeliebt. (Ohne Charisma und persönliche Beliebtheit "funktioniert" ein Diktator nun einmal nicht "effizient".)
Es ist ja auch so, dass diejenigen, die Hitler zu Macht verholfen und ihn gestützt haben, zum großen Teil (skrupellose) Opportunisten waren - die Unterstützung seitens der Schwer- und Chemieindustrie für das NS-Regime kam z. B. ja nicht daher, weil die Manager der Industrie "Mein Kampf" so toll und Hitler so sympathisch gefunden hätten, sondern, weil sie sich zurecht dicke Aufträge und nicht aufmuckende Belegschaften erhofften.
Das heißt: ein Krieg, ein Eroberungskrieg, vielleicht sogar ein Weltkrieg wäre auch nach einen gelungenen Attentat im Bürgerbräukeller denkbar gewesen. Der Vernichtungskrieg gegen die UdSSR und auch der millionenfache industrielle Massenmord meiner Ansicht nach nicht.
Und das ist meiner Ansicht nach ein entscheidender Unterschied.
Wichtig ist auch, dass es unweigerlich Machtkämpfe gegeben hätte. Das "Zeitfenster" für einen erfolgreichen "Blitzkrieg" war eng. Eine halbes Jahr Verzögerung wegen interner Querellen im "Großdeutschen Reich", und der Frankreich-Feldzug hätte nicht mehr funktioniert. (Dass er überhaupt erfolgreich funktioniert hatte, war ohnehin mehr "Glück" als Verstand.)
Natürlich reicht Tyrannenmord allein nicht aus, um eine Diktatur zu beenden. Dazu müssen Strukturen verändert werden.
Aber es ist schon mal ein guter Anfang.

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