Sonntag, 26. Dezember 2010

Kinderfilmnostalgieecke: "Krieg der Knöpfe"

Weihnachtszeit ist Kinderfilmzeit. Wobei diese Filme ja nicht nur von Kindern gesehen werden: Alte Kinderfilme üben bekanntlich einen starken nostalgischen Reiz auf Erwachsene aus.
Allerdings fällt auf, wie viele alte und neue Kinderfilme eine "Brechstangen-Pädagogik" enthalten, bzw. indoktrinieren. (Frei nach Michael Endes Bastian in der "Unendlichen Geschichte": Filme, in denen man zu etwas gekriegt werden soll.) Ein meiner Ansicht nach übles Beispiel ist die kürzlich auf KI.KA gesendete Zeichentrickserie "Chi Rho – das Geheimnis". Man muss gar nicht so weit gehen, wie der humanistische Pressedienst (Kinderverblödung auf KI.KA), um bei der flott gemachten christlichen Missionierungsserie mittelschweres Unbehagen zu verspüren.
Weitaus mehr Kinderfilme sind einfach nur schlecht. Es ist erschreckend, welcher "Niveau-Limbo" bei der "Kinderbespaßung" offensichtlich durch geht.

Welche Kinderfilme, die ich damals mochte, schätze ich auch heute noch? In einem Satz: Kluge, gut gemachte Kinderfilme ohne pädagogische Brechstange. Und da gibt es zum Glück einige.

Ein Film, der mich als Kind besonders beeindruckte, und den ich auch als Erwachsener genießen kann, ist der Krieg der Knöpfe von 1962.
krieg der knöpfe
Die Jungen der Nachbardörfer Longeverne und Velrans sind seit ewigen Zeit verfeindet -warum weiß niemand mehr, aber das ist ja auch egal. Nachdem die Jungs aus Longueverne auf die Jungs aus Velrans sauer sind, weil diese ihnen beim Wohltätigkeitsmarken-Verkauf ihre ganzen Kunden weggeschnappt haben, bricht der uralte Konflikt wieder auf - die Jungs aus Longueverne unter ihrem Anführer Lebrac verlangen Rache. Der "Krieg der Knöpfe" heißt so, weil Gefangenen die Knöpfe abgeschnitten und die Schuhbänder durchtrennt werden. Dies ist nicht nur peinlich, sondern bedeutet auch Prügel zu Hause. Nach einer Niederlage droht die Mutter von Lebrac, ihn nackt zur Schule zu schicken, wenn dies noch einmal vorkommt. Das bringt den Jungen auf die "geniale" Idee: damit ihnen im Falle einer Niederlage nicht wieder die Kleidung kaputt gemacht werden kann, zieht die Bande nackt in den Kampf. Zwar tragen sie den Sieg bei dieser Schlacht davon, doch können sie sich nicht richtig über den Sieg freuen, weil es zu kalt ist und Brennnesseln gibt ...

"Krieg der Knöpfe" hat etwas, was fast allen "Lausbuben" / Kinderstreich / "Banden"-Filmen fehlt: inhaltlichen Tiefgang. Auch ungewöhnlich für einen Kinderfilm dieser Zeit: er stellt sich ganz auf die Seite der Kinder. Was mir an diesem Film auch heute noch gefällt ist, dass sein ernsthaftes Thema - Lebrac wird von seinem Vater systematisch misshandelt, und in ihrem "Krieg der Knöpfe" leben die Jungs die Konflikte und Vorurteile der Erwachsenen aus - dennoch amüsant und leicht inszeniert wird. Das versöhnliche Ende - Lebrac schließt im Internat, in das er von seinem Vater "abgeschoben" wird, Freundschaft mit dem gegnerischen Jungen-Anführer, und sie beschließen, nicht so zu werden wie ihre Väter - ergibt sich logisch aus der Handlung.

Allerdings zweifel ich daran, dass der "Krieg der Knöpfe" heutige Kinder ähnlich beeindrucken kann, wie mich damals. Für mich waren die 1960er und leider auch Kinder, die von ihren Eltern geprügelt wurden, und das mit dem besten Gewissen der Eltern, keine ferne Vergangenheit. Der Film ist in gewisser Hinsicht veraltet.
Für heutige Kinder dürften daher neuere Filme dieser Thematik, wie z. B. der Film Die geheime Festung geeigneter sein. In diesem kanadischen Film wird noch deutlicher als im "Krieg der Knöpfe", dass die Kindern die Konflikte der Erwachsenen ausleben.
Das in die irische Provinz in den 70er Jahren verlegte "Krieg der Knöpfe"-Remake von 1994 kommt meines Erachtens nicht an den Charme des Originales heran.

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