Sonntag, 6. Juni 2010

Willkommen im Polizeistaat!

Irgendwie schafft die "Sicherheitspolitk" es immer wieder, die schlimmsten Erwartungen zu übertreffen. Und es geschieht klamm und heimlich. Selbst die Parlamente werden einfach kaltgestellt.
Das Bundeskanzleramt machte die Sache eilig. Ohne Diskussion im Bundestag sollte der Bundesrat noch schnell vor der Fußballweltmeisterschaft eine Rechtsverordnung abnicken, welche die heute schon umfangreichen Karteien des Bundeskriminalamtes auf ein rechtliches Fundament stellt [...]

Zulässig, um zum Kern der Sache zu kommen, sind etwa Dateien,
die der Sammlung und Auswertung von Informationen zu Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung dienen und die vor allem das Erkennen von Zusammenhängen zwischen Taten untereinander und zu Tätern sowie von Täterorganisationen ermöglichen (delikts- und phänomenbezogene Dateien).
Es reicht nach dem Wortlaut also schon aus, wenn eventuelle Straftaten sowohl in Düsseldorf als auch in Hamburg begangen werden und irgendein Zusammenhang besteht (zum Beispiel, weil Verdächtige miteinander telefonieren, mailen oder gar eine Ländergrenze überqueren). Bemerkenswert ist auch, dass die Straftaten nicht länderübergreifend und von erheblicher Bedeutung sein müssen. Nein, in der Verordnung steht ein “oder”. Mit anderen Worten: Es sind auch Dateien für Bagatellen, leichte und mittlere Kriminalität denkbar – “politische” Delikte selbstverständlich eingeschlossen. [...]

Das Bundeskriminalamt führt die bestehenden und die kommenden Dateien als “Zentralstelle” für die Polizeibehörden der Länder. Dies bedeutet: Jeder Polizeibeamte kann künftig die Daten abrufen und auswerten. Wer es, auch ohne einer Straftat überführt zu sein, in eine der Dateien geschafft hat, wird schon dem Verkehrspolizisten bei einer Kontrolle absolut nichts mehr zu erzählen haben.

Der Beamte weiß nach einem Blick in den Computer ohnehin mehr als der Betroffene selbst.
Eine Schublade für jeden von uns (law blog)
Der Vorwand: mögliche Unruhen im Umfeld der Freiluftverstaltungen zur Fußball-WM.

Aber auch auf europäische Ebene funktioniert das Täuschen und Kaltstellen bestens. Vorwand hier, nach erprobtem Muster: "Die Kinder, denkt denn keiner an die Kinder .... "
Smile29, das "Frühwarnsystem gegen Pädophilie und sexuelle Belästigung" (im Internet) ist ein Pauschalpaket samt Vorratsdatenspeicherung - nur wird davon nie gesprochen.
Es ist eher selten, dass Abgeordnete einen Fehler öffentlich eingestehen. Noch seltener dürfte es vorkommen, dass sie öffentlich mitteilen, sie seien mehr oder minder hinters Licht geführt worden. Eben dies geschieht derzeit jedoch im Fall der Erklärung Nummer 29. (...)

Hoppla, da habe ich doch versehentlich für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt (telepolis)

Warum das Ganze (und noch viel mehr)? Ohne ins Verschwörungstheoretisieren zu verfallen: Da ist die nackte Angst vor dem eigenen Volk am Werk. Eine vielleicht nicht ganz unbegründete Angst, angesichts solcher Nachrichten:
Vor allem mit Einschnitten im Sozialbereich will die schwarz-gelbe Bundesregierung einen radikalen Kurswechsel in der Haushaltspolitik einleiten.
Schwarz-Gelb ringt um Rekord-Sparpaket
Vor allem, wenn es darin heißt:
Die Zeit, in der Deutschland über die Verhältnisse gelebt habe, müsse überwunden werden.
Fragt sich,wer denn da eigentlich über wessen Verhältnisse gelebt hat. Von dem Aufschwung bis 2008 haben die meisten Arbeitnehmer und Rentner so gut wie gar nicht profitiert: Trotz Wirtschaftswachstum sind Einkommen und Renten real sogar gesunken. Und dass die "Harz Vierer" über ihre Verhältnisse leben, glauben allenfalls jene, die es unbedingt glauben wollen.
(Hierzu: Rückschau: Durch sparen aus der Krise? (DasErste.de))
Wobei es gar nicht so unwahrscheinlich ist, dass es noch heftiger kommt: Wirtschaftsrat der CDU fordert harte Einschnitte - Sparen bei Gesundheit, Familien und Hartz IV – Unternehmen und Reiche sollen ungeschoren bleiben (telepolis).

Bisher ist es noch einigermaßen ruhig in Deutschland. Es könnte sich aber unter Umständen ganz schnell ändern. Und da die Sicherheitsexperten beim BKA und anderswo, außer "präventiv alles Überwachen" und "hart Durchgreifen" selten etwas einfällt, und ein Polizeistaat für große Teile der politischen und ökonomischen "Elite" durchaus verlockend ist, ist es vielleicht nicht ganz zufällig, dass gerade jetzt auch die Bürgerrechte heimlich und verfassungswiderig abgebaut werden.

Ach, noch was:
Bundesweiter Aufruf zu Demonstrationen am 12. Juni 2010 in Berlin und Stuttgart
Wir zahlen nicht für eure Krise!
Gemeinsam gegen Erwerbslosigkeit, Kopfpauschale und Bildungsabbau!
Samstag. der 12. Juni 2010

Berlin: Rotes Rathaus - 12 Uhr
Stuttgart: Innenstadt - 11 Uhr

Quelle: Wir zahlen nicht für Eure Krise

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