Mittwoch, 31. März 2010

Vor 30 Jahren - persönliche Archäologie

Aus der Rubrik: Alte Männer erzählen von von früher ... Jedenfalls kommt es mir so vor.

Manchmal lohnt es sich, beim Aufräumen einen längeren Blick in die Kartons und Mappen zu werfen. Manche "Ausgrabungen" verraten viel über den Menschen, der man selbst einmal war. Zum Beispiel dieses, leider lange Jahre unter sehr ungünstigen Bedingungen gelagerte und aus allzu vergänglichem Material bestehende, fleckige und wellig gewordene Gemälde:
Chloros (1980)

Ich malte es vor beinahe genau 30 Jahren, mit Deckfarben (einfacher Tuschkasten) auf Papier aus dem DIN A3 -"Schul- Malblock" - diese Dinger mit dem perforierten Rand. Zeitweilig auf dem Dachboden gelagert, was dem (minderwertigen und nicht einmal säurefreien) Papier gar nicht bekam.

Es ist ein Bild, das ich vor 30 Jahre in der Schule malte, und das mir trotzdem heute noch gefällt. Trotzdem, denn mir fällt bei Blick auf meine Malereien und Zeichnungen aus dieser Zeit auf, dass meine "Freizeitbilder" längst nicht so verkrampft und unbeholfen wirken, wie die Arbeiten im Kunstunterricht.
Meiner Kunstlehrerin gefiel es übrigens ganz und gar nicht. Zum Glück war es eine freiwillige Arbeit ...
Warum gefiel es meiner ansonsten sympathischen und zumindest in andere Fächern tüchtigen Kunstlehrerin nicht? Sicherlich auch wegen des Themas. Science Fiction - das ist doch kein Thema, mit dem man sich künstlerisch auseinandersetzen kann! Andererseits waren auch "engagierten" Themen - Politik, Umwelt, persönliche Krisen - nichts für sie. Ich vermute aus heutiger Sicht, dass sie einen bestimmten "Bildungskanon" im Hinterkopf hatte, welche Themen "künstlerisch relevant" sind und welche eben nicht. Der andere, heute ganz offensichtliche, damals aber nie offen ausgesprochene Aspekt: sie bewerte offensichtlich stark nach ihrem persönlichen Geschmack, konnte ihre Entscheidung als "objektiv" darstellen.
Dann gab es noch technische Details: Ganz schlimm war z. B., dass ich mit Bleistift vorgezeichnet hatte (obwohl es für eine freiwillige Arbeit keine Vorgaben gab). Sicher, "Chloros" (griechisch: "der Grüne") ist keine Meisterleistung. Das Bild zeigt aber, dass ich, wäre ich "am Ball" geblieben und hätte ich mich künstlerisch fortgebildet und vor allem sehr viel geübt, doch ein ganz annehmbarer bildender Künstler hätte werden können. (Tatsächlich ist es bedrückend, dass ich manchmal damals weitaus besser malte und zeichnete - nicht unbedingt von der Technik her, aber vom Gesamteindruck - als heute.)
Aber das war für mich indiskutabel, selbst ein Volkshochschulkurs wäre mir wie Zeitverschwendung vorgekommen. Ich hatte meinen Vater im Ohr: "Dein Malen, das ist doch wie andere puzzeln" - und ich gab ihm damals recht. Es brachte Spaß, es entspannte - und in der Kunstnote machte es sich nicht bemerkbar. Wo Kunst doch sowieso ein unwichtiges Nebenfach war, und auch noch eines, das im Gegensatz zu Sport und - manchmal - Musik Null Prestigewert unter Schülern hatte.
Erst 10 Jahren nach dem Abi (und über 12 Jahre nach "Chloros") kam ich überhaupt darauf, Malen und Zeichnen zu lernen (bei einer Kunstdozentin, die nebenbei private Kurse gab). Mit relativ bescheidenem Ergebnis. Aber Spaß gebracht hatte es schon, und puzzeln kann schließlich jeder ...

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